Leseprobe aus „Die Verspätung“

Franzi erreichte die Staatliche Oberschule für Jungen, deren vierte Klasse er besuchte, einige Minuten vor acht und somit noch rechtzeitig zur Mathematikstunde bei Professor Vaitary; sein Vater langte zwar bereits um sieben Uhr vierundvierzig beim Haupttor des Ausbesserungswerks an, war damit jedoch um beinahe eine Dreiviertelstunde zu spät für den Beginn seiner Schicht. Beim Anblick der Uhr, die über dem Häuschen des Werksportiers angebracht war, überfiel ihn eine Ahnung der Bedeutung, die diese Verspätung hatte. Sie stellte für ihn eine schwerwiegende Enttäuschung, eine nicht zu leugnende Niederlage dar; eine persönliche Demütigung, welche die im schneidenden Ostwind erkaltete Wut aufs Neue entfachte. Vermutlich hätte diese Wut, die in erster Linie nach innen, auf sich selbst gerichtet war, kaum weitere, vor allem keine nach außen gerichtete Folgen gezeitigt. Möglicherweise wäre es zu einer schnell beendeten Auseinandersetzung mit den Kollegen gekommen, die seine Arbeit erledigen hatten müssen; schlimmstenfalls zu einer Verwarnung durch den Vorarbeiter. Viel mehr wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn nicht …